Biogas aus Reststoffen als Zukunftskonzept für die Landwirtschaft


Rund 100 Gäste besuchten Dialogveranstaltung „Gülle & Mist – Energierohstoff mit Potenzial“

Zuverlässig verfügbare erneuerbare Energie – das ist die Zielrichtung in Deutschland. Deshalb suchen auch Kommunen aktuell nach Möglichkeiten, regional und klimaneutral Energie zu erzeugen. Die Landwirtschaft bietet durch die Vergärung von Gülle und Mist in großvolumigen Biogasanlagen eine spannende Option. Das so erzeugte Biogas kann für Strom und Wärme genutzt oder für Biokraftstoffe weiterverwertet werden, ohne dass wertvolle Rohstoffe dafür eingesetzt werden müssen. Um über dieses Konzept und seine Möglichkeiten zu sprechen, lud die Initiative „Landwirtschaft, die Werte schafft“ Ende Oktober zur Dialogveranstaltung „Gülle & Mist – Energierohstoff der Zukunft“ Politik und alle an der Landwirtschaft Interessierten ins kulturWERK in Wissen ein. Der Einladung folgten rund 100 Gäste.

Die Raiffeisen-Region, die Regionen Rhein-Wied und Westerwald-Sieg sind aufgrund der vielen Grünlandflächen stark von Rinderhaltung geprägt. Zu den rund 4.000 Milchkühen kommen noch die Tiere aus der Mutterkuhhaltung und der Bullenmast hinzu. Die so verfügbare Gülle und der Mist können gut für Biogasanlagen zur Energieerzeugung eingesetzt werden; die Landwirtschaft leistet gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur Verkleinerung des eigenen CO2-Fußabdrucks.

Für Prof. Walter Stinner vom Deutschen Biomasse-Forschungszentrum aus Leipzig liegen die Vorteile klar auf der Hand: „Die Vergärung von Gülle und Mist reduziert die Emissionen von Methan, Lachgas und Ammoniak, die sonst bei der Lagerung und Ausbringung von Gülle freigesetzt werden, schätzungsweise um 57 bis 81 %.“ Dies verringere gleichzeitig auch den unangenehmen Geruch. „Gärreste, die anschließend als Flüssigdünger auf den Acker ausgebracht werden, dringen zudem schneller in den Boden ein und die Nährstoffe können besser genutzt werden.“ Neben Ausscheidungen der Tiere kommen auch minderwertige Silagen, Gras aus der Landschaftspflege sowie Maisstroh zur Erzeugung von Biogas in Frage. Dadurch ist die Teller vs. Tank Diskussion hier nicht relevant. Henning Dicks von Agriportance aus Münster, die Dienstleistungen rund um Biomethanverkauf anbieten, war sich in seinem anschließenden Vortrag sicher, dass die Zahl an Biomethananlagen massiv steigen werde. „Der Preis für Biomethan ist jetzt teilweise doppelt so hoch wie noch in 2022.“

Biogasanlage als Gemeinschaftsprojekt

Tatsächlich aber eine Herausforderung: Biomethananlagen rentieren sich erst ab einer gewissen Größe. „Wegen unserer Betriebsgrößen wird für uns nur eine Gemeinschaftsanlage infrage kommen“, betont Landwirt Andreas Buttgereit, Teil des Netzwerks von „Landwirtschaft, die Werte schafft“. Dies sieht Professor Walter Stinner aber auch als Chance: „Wenn bei zehn bis zwanzig Landwirten, die an einer Biogasanlage beteiligt sind, einzelne aus der Tierhaltung aussteigen, ist das Rohstoffkonzept noch nicht gefährdet.“ Elena Schäfer, Referatsleiterin Bauleitplanung und Umweltschutz der Kreisverwaltung Altenkirchen, hält die Platzierung einer Gemeinschaftsanlage aufgrund der fehlenden Priorisierung in einem Gewerbe- oder Sondergebiet für realistisch. Hierbei gibt Henning Dicks zu bedenken, dass nicht nur die Einspeisung des Gases beachtet werden sollte, sondern auch, dass die Substrate günstig in die Anlage kommen: „Im Umkreis von zehn Kilometern sollte es Betriebe geben, die zusammen etwa 1.000 Großvieheinheiten halten. Das entspricht etwa 700 Milchkühen und deren Nachzucht oder anderen Tierarten, die entsprechende Mengen verwertbarer Reststoffe ausscheiden.“

Das Finden neuer Möglichkeiten zur Erzeugung klimaneutraler Energie ist aktuell mehr als relevant. Dass die Landwirtschaft hier mit Biogasanlagen und der Weiternutzung von Biomethan spannende Möglichkeiten bietet, war sich die Mehrheit der Gäste bei der Dialogveranstaltung sicher. Damit Anlagen sich rentieren, muss aber ein durchdachter Plan dahinterstehen.


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